Traditionelle Hauptzielsetzung bei der Auswahl von Lautsprecherkabeln ist i.a. die möglichst bruchlose Integration in eine bestehende Kette.

Hierbei kommt zwangsläufig dem Kabel die undankbare, aber doch ehrenhafte Aufgabe zu, alle bestehenden Defizite und Unregelmäßigkeiten der Kette zu kompensieren und zusammen mit ihr ein möglichst homogenes Ergebnis zu liefern.
Wobei "homogen" vermutlich bei den meisten Anwendungen im Sinne von "nicht störend", "gefällt mir am besten" oder "kommt meinen Klangvorstellungen am weitesten entgegen" verwendet wird.

Dies drückt sich nicht zuletzt in der auch von uns früher benutzten allgemeinen Aussage: "Es gibt nicht das beste, sondern nur das passendste Kabel." aus.

Die Industrie hat sich entsprechend angepaßt und liefert eine Unmenge von unterschiedlichen Kabelkonstruktionen, die alle zum Teil sehr unterschiedliche (sogar innerhalb der Baureihe eines einzigen Herstellers) Ergebnisse beim Betrieb innerhalb einer Anlage liefern.

So weit, so gut. Diese Vorgehensweise ist eine durchaus praktikable Lösung für alle, die sich auf das vorhandene Equipment beschränken und das Beste daraus machen wollen.
Allerdings hat man dann das Problem, bei möglichem Ersatz von Komponenten wiederum auf die Kompensationsfähigkeit der neuen Komponente aufbauen zu müssen.
Da kann dann schon mal das Problem auftreten, daß ein neues Produkt objektiv besser (d.h. neutraler) als die vorhandene, eventuell zu ersetzende Komponente ist, aber aus Gründen mangelnder Kompensationsfähigkeit (im übrigen ein Kennzeichen von sehr neutralen Komponenten) nur schwer in die vorhandene Kette einzugliedern ist.

Eine bessere Komponente kann also durchaus Fehler anderer, weniger neutraler Komponenten aufdecken.
Um die Homogenität aufrechtzuerhalten, ist also zwingend eine Auswahl von mit ähnlichen wie beim Vorgängermodell behafteten Verfärbungen und anderen Unzulänglichkeiten Komponenten nötig. Ein Teufelskreis. Spätestens beim Umzug in einen neuen Hörraum fällt der tatsächliche Grad der vorgenommenen Kompensationen dann meistens unangenehm auf.

Auch der in audiophiler Praxis häufig vorgenommene Wechsel von Komponenten (gerade im HighEnd-Bereich) ist nur Ausdruck dieser Problematik.

Unserer Meinung nach ist dies der falsche Weg zu einer optimalen Wiedergabe.

Ein Kabel (wie alle anderen Komponenten auch) sollte prinzipiell so konstruiert werden, daß eine so neutral wie mögliche Wiedergabe erzielt werden kann.

Das Hauptmanko und -hindernis beim Aufbau möglichst audiophiler (d.h. möglichst quellengetreu reproduzierender und dadurch neutraler) Hifi-Anlagen ist die bewußte oder unbewußte Kompensation nichtidealer Hörraum- und Stromversorgungssituationen durch Anlagenkomponenten. Bevor also nicht mindestens Raumakustik und Stromversorgung optimiert sind, lassen sich keine Aussagen über die absolute Qualität von Anlagenkomponenten wie z.B. Kabel machen.

Ein anderer Punkt ist die Abhängigkeit beim Kabeltest vom benutzen Quellenmaterial.
Jede Aufnahme musikalischer Ereignisse findet jeweils unter einer unterschiedlichen Aufnahmesituation sowie unter der Leitung von unterschiedlichen Produzenten mit unterschiedlichen Auffassungen von der Art und Weise, wie das Endprodukt zu klingen habe, statt.
Auch wird häufig eine Art Vorkompensation beim Abmischen eingebaut, die schon bei der Aufnahme erwartungsgemäß auftretende Defizite in der (statistisch zu erwartenden) Anlagenkonfiguration des Endbenutzers berücksichtigt.
Audiophile Hörer sind und bleiben leider eine kleine Minderheit, deren Bedürfnisse aus Marketinggründen nicht von den großen Majorlabels, sondern in der Regel nur von kleinen Speziallabels berücksichtigt werden.

Eine neutrale Anlage widerspiegelt also idealerweise nur die jeweilige Aufnahmesituation der Quelle und nicht immer stimmt diese mit der Erwartungshaltung individueller audiophiler Hörer überein.
Ein aussagekräftiger Test sollte also möglichst viel und möglichst unterschiedliches Quellenmaterial berücksichtigen.
Eine Aussage wie: "Diese Platte kenne ich ganz genau!" ist daher insoweit zu relativieren, als daß sich diese nur auf eine bestimmte Raum- und Anlagenkonfiguration beziehen kann.

Beim Testen von neuen Komponenten sollte man unvorhereingenommen und mit möglichst neutralen Erwartungshaltungen an die Sache herangehen. Die Bewertung mancher Quellen kann sich durch unterschiedliche Komponenten verschieben.
Je unterschiedlicher sich die unterschiedlichen Quellen darstellen, desto mehr ist von einer neutralen Wiedergabe auszugehen.

Wie sollte man beim Testen bei z. B. Lautsprecherkabeln am sinnvollsten vorgehen?

A/B-Tests sind völlig ungeeignet, um die Qualität von hochwertigen Kabeln zu beurteilen, sondern eignen sich nur, um schlechte Kabel von vornherein aus der Auswahl auszuschließen.
Ein Kabel, das "auf Anhieb" an einer guten Kette lästig, flach und unausgewogen klingt, kann man so schnell aus der engeren Auswahl ausschließen.
Hochwertige Kabel unterscheiden sich z.B. in Raumabbbildung, Homogenität, "Selbstverständlichkeit" der Abbildung, "Schnelligkeit" der Tieftonwiedergabe, Abbildungsschärfe, Durchhörbarkeit von komplexen Klangereignissen, Stabilität der Klangstruktur und "Live"-haftigkeit.
Diese Merkmale eignen sich nicht zur Unterscheidung durch schnelles Umschalten (für das im übrigen ein extrem genauer Lautsstärkeabgleich nötig ist, der allerdings nicht ohne zusätzliche klangverschlechternde Maßnahmen wie Einschleifen von zusätzlichen regelbaren Umschalteinheiten, Relaiskontakten usw. darstellbar ist), sondern hier können nur durch jeweiliges längeres Hören mit sehr viel unterschiedlichem Programmmaterial Unterschiede festgestellt werden.

Dies setzt allerdings auch ein gewisses Maß an Hörerfahrung voraus, ohne das sich allerdings sowieso niemand um den Themenkomplex "hochwertige Lautsprecherkabel" kümmern würde.

Ein schwieriger Punkt ist die Bewertung der festgestellten Unterschiede. Dies setzt nicht nur ein hohes Maß an Hörerfahrung mit Hifigeräten, sondern darüber hinaus noch Erfahrung mit "echten", unkonservierten Klangerlebnissen.

Daher ist Stimmwiedergabe für die meisten Fälle der absolute Prüfstein. Die kann fast jeder Hörer aufgrund eigener Erfahrung recht gut beurteilen.
Aber auch hier haben wir das Problem, daß wir nicht wissen, auf welche Weise das Signal im Studio bei der Aufnahme manipuliert (=korrigiert) worden ist. So ist daher auch hier eine Vielzahl von Quellen nötig, um aus der Summe der Eindrücke heraus eine Tendenz zu formulieren.

Bei vielen (nicht nur) Kabeln leidet die Wiedergabe der menschlichen Stimme an einer Unterbelichtung der Grundtöne verbunden mit einer "Zerfaserung" der einzelnen Frequenzbereiche. Die Stimme klingt nicht mehr homogen, sondern zerfällt in einzelne Bereiche, die zwar oberflächlich die "Auflösung" "verbessern" und so scheinbar mehr Details zeigen, aber beim längeren Hören unnatürlich und dann auch lästig wirken. Selbst bei sehr nahen Mikrofonaufnahmen, wo man quasi "die Spucke im Mund der Sängerin sieht", sollte die Homogenität erhalten bleiben und die Stimme nicht zu ätherisch und körperlos wirken. Mangelnde Homogenität zeigt sich hier dann u.a. durch frequenzabhängiges "Wandern" der Stimmenposition.

Ebenfalls wird die Ablösung des Klanggeschehens von den Lautsprechern (bei gleichzeitiger Stabilität der reproduzierten Klangkörper!) in nicht zu unterschätzendem Maße von den Lautsprecherkabeln beeinflußt. Im Idealfall tauchen auf dem Standpunkt des Lautsprechers nur die Schallquellen auf, die dort im Aufnahmestudio per Abmischung dorthin gestellt wurden.
Die Stabilität und Ortbarkeit der Schallquellen zwischen den Lautsprechern hängt davon ab, inwieweit die Anlage (optimaler Hörraum und -position vorausgesetzt) in der Lage ist, die genauen Pegel- und Phasenverhältnisse der im Aufnahmestudio per Abmischung dorthin gestellten Schallquellen zu reproduzieren. Bei schlechteren Kabeln (gilt auch allgemein für alle Geräte) schwankt die Position der Schallquelle bei Frequenzveränderungen.
Auch konzentriert sich das ganze Klangbild bei besseren Kabeln und Geräten mehr zur Mitte hin als zu den Seiten.
Eine etwas breitere Basis bei etwas diffusem Mittelbereich zwischen den Boxen kennzeichnet im allgemeinen das weniger neutrale Kabel (oder sonstiges Gerät).

Inkorrekte Phasenverhältnisse kennzeichnen auch die "Nervosität" und "Unruhe", die manche Anlagenkomponenten bei Betrieb ausstrahlen.
Hifianlagen sind Illusionsmaschinen. Zur Aufrechterhaltung der Illusion ist beim bewußten Hören permanente Mitarbeit des menschlichen Hirnes erforderlich.
Je wiedergabetreuer nun diese Illusionsmaschine arbeitet, desto weniger muß das menschliche Gehirn arbeiten, um die Illusion beim Hörer zu vervollständigen.
Je mehr dieses "arbeiten" muß, desto schneller ermüdet es und desto weniger entspannt man beim Musikhören. Bei Überbeanspruchung reagiert das Gehirn mit einem Gefühl der "Lästigkeit".

Die besseren Komponenten erlauben also ein längeres und streßfreieres Hören.
So ist auch dies ein untrügliches Unterscheidungsmerkmal für bessere Gerätekonfigurationen.

Auch die absolute Abhörlautstärke ist ein guter Indikator für die Qualität der Musikwiedergabeanlage.
"Mach mal bitte leiser!" ist untrügliches Anzeichen für beginnende Lästigkeit, während die Bitte um etwas lautere Wiedergabe schon als eine Referenz an die hohe Qualität der Anlage zu betrachten ist.