Kabelverbindungen zwischen Audio-Komponenten verändern den Klang.
Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Auf der einen Seite sind die durch Zusammenspiel von RCLD-Parametern des Kabels und ungünstigen Ein- bzw. Ausgangsimpedanzbedingungen der beteiligten Komponenten bedingten Fehlanpassungen und Frequenzgangbeschneidungen zu nennen, auf der anderen Seite die konstruktiv bedingten Eigenschaften des Kabelaufbaus und -materials.
Natürlich werden durch den Kabelaufbau auch die RCLD-Parameter beeinflußt, trotzdem treten auch bei solchen Konstruktionen, die aufgrund ihrer (und der beteiligten Komponenten) optimalen RCLD-Parameter eigentlich keine Klangbeeinflussung erwarten lassen sollten, trotzdem sehr deutliche Klangunterschiede auf.

Einer der Parameter, die oft in Zusammenhang mit dem Kabelaufbau genannt und fälschlicherweise nur mit Hochfrequenz in Verbindung gebracht werden, ist der Skin-Effekt.

Eine landläufige Erklärung lautet:
Bei Gleichstrom ist die Stromdichte über den gesamten Leiterquerschnitt gleich groß. Wird der Leiter aber von Wechselstrom durchflossen, so ändert der Strom laufend seine Richtung und Stärke. Durch diese Änderungen wird ein wechselndes Magnetfeld erzeugt. Durch die Flußänderung werden im Leiter Wirbelströme induziert, die so gerichtet sind, daß sie im Inneren des Leiters dem Strom entgegen wirken, während sie an der Oberfläche die gleiche Richtung wie der Leiterstrom haben. Dadurch nimmt die Stromdichte nach der Mitte hin exponentiell ab. Die Stromverdrängung wächst mit der Frequenz des Wechselstromes und mit dem Durchmesser des Leiters.
Bei hochfrequenten Strömen ist die Mitte des Leiters stromfrei. Der Widerstand des Leiters wird also durch die Stromverdrängung im entsprechendem Frequenzbereich stark vergrößert.
Dies stellt allerdings wie jedes praktikable Modell nur eine Vereinfachung der tatsächlichen Zusammenhänge dar.
Neben diesem Effekt gibt es noch den Proximity- oder Nachbarschaftseffekt, durch den eine zusätzliche Konzentration der Stromdichte auf derjenigen Seite des Leitungsquerschnitts entsteht, die der Seite der größten tangentialen magnetischen Feldstärke zugewandt ist. Diese höhere Stromdichte findet man beispielsweise an den Innenseiten bei einer im Gegentakt erregten bzw. an den Außenseiten bei einer im Gleichtakt erregten Doppelleitung vor.

Der Abstand von der Leiteroberfläche, in dem die Stromdichte in einem Leiter auf den Faktor 1/e = 0.37 (oder -8.69 dB) abgesunken ist, wird als Eindringtiefe d (delta) bezeichnet und berechnet sich aus

 

d = √(ρ / (π × µ × f))

mit
d = Eindringtiefe [mm]
ρ = spez. Widerstand bei 20° [Ω×mm²/m]
µ = Permeabilitätskonstante = 4 × p ×10 -7 Henry/m
f = Frequenz [Hz]
√() = Quadratwurzel
π = Kreiszahl = 3.1415927

Man kann daraus eine Faustformel für Kupfer machen:

d = 66 × √(ρr / (µ r × f))

mit
ρr = ρ/ρCu = 1
µr = Permeabilitätszahl.. (für unmagnetische Materialien wie Kupfer = 1)
() = Quadratwurzel

also Eindringtiefe bei Kupfer:

d = 66 × √(1 / f)

Bei Silber muß für ρr = 0.95 (siehe Tabelle) eingesetzt werden, also

d = 66 × √(0.95/f)

Eine kurze Rechnung bei einem Kupfer- bzw. Silber-Leiter gibt ein paar Anhaltswerte:

Frequenz [Hz]
Eindringtiefe Cu [mm]
Eindringtiefe Ag [mm]
50 9.35 9.09
100 6.61 6.43
1000 2.09 2.03
10000 0.66 0.64
20000 0.47 0.45
50000 0.30 0.29

Ein paar Rechenbeispiele (man setze Werte aus entsprechender Tabelle ein) belegen, daß bei einem idealen Leiter (Supra-Leiter) die Eindringtiefe bei jeder Frequenz = 0 ist, d.h. der gesamte Energietransport findet außerhalb des Leiters statt, während bei einem sehr schlechtem Leiter die Eindringtiefe sehr groß ist. Dies gilt übrigens gleichermaßen für elektrische wie auch magnetische Felder.
Die Eindringtiefe ist also auch proportional der im Leiter auftretenden Verluste.

Die Berechnung der beim Skin-Effekt auftretenden Widerstandserhöhung ist etwas kompliziert. Für einen runden Cu-Massivdraht mit ø 2 mm (entspricht 3.15 mm²) verdoppelt sich bei 100 kHz der resultierende ohmsche(!) Widerstand im Vergleich zum Gleichstromwiderstand, bei 32 kHz beträgt er immerhin das eineinhalbfache.
Bei einem Leiter mit ø 0.2 mm (entspricht 0.03 mm²) tritt eine Widerstandsverdopplung erst bei 10 MHz auf.

Der Skin-Effekt spielt also auch im Audio-Bereich bei entsprechender Leiterkonfiguration eine Rolle. Das Ausmaß dieser Rolle ist derzeitig noch nicht hinreichend erforscht. Die bislang durch keine konventielle Messung belegbaren, aber real existierenden Klangunterschiede bei verschiedenen Kabelkonstruktionen lassen aber hier noch Raum für entsprechende Spekulationen und Theorien, zumal die beobachteten Klangeffekte von ihrer (gehörmäßigen) Wirkung her fast ausnahmslos im Zeitbereich (entsprechend der Verschlechterung der Gruppenlaufzeit an anderer Stelle der Übertragungsanlage) zu suchen sind.

Daher sollte man die Wirkung des Skin-Effekts nicht allein mit einer Erhöhung des Widerstandswertes bei höheren Frequenzen beschreiben.
Wesentlicher sind vermutlich die Effekte, die sich infolge von unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten der elektromagnetischen Energie im Leiter bei verschiedenen Frequenzen auswirken. Der Skin-Effekt ist aber mit ursächlich dafür verantwortlich. Dazu aber später.

Um den Skin-Effekt im Audio-Bereich prophylaktisch bis 20 kHz auszuschließen, darf der Leiter höchstens einen Durchmesser von 1 mm haben. Erweitert man den Audio-Bereich auf 50 kHz, so darf der Leiterdurchmesser höchstens 0.6 mm betragen. Daher darf man, in diesem Licht besehen, manche überdimensionierten als Lautsprecheranschlußterminals dienenden ultramassiven Schraubverbinder mit einem großen Fragezeichen versehen - teuer und vermutlich klangschädlich.

Nachfolgend eine Annäherungsformel, mit der die Grenzfrequenz für einen bestimmten Leiterdurchmesser bestimmt werden kann, bei der der komplexe Widerstand gerade noch ungefähr dem DC-Widerstand enspricht:

fc = 4/(π × µ × sCu × D²) = 1/(π² × 5.8 × D²)

mit
fc = Grenzfrequenz [Hz]
π = Kreiszahl = 3.1415927
µ = Permeabilitätskonstante = 4 × p ×10 -7 Henry/m
sCu = Leitfähigkeit von Kupfer = 5.8 × 107 (Ω × m)-1
(für Silber ist sAg = 6.14 × 107 (Ω × m)-1 einzusetzen)
D = Leiterdurchmesser [m]

Ein paar Werte (für Cu) der Grenzfrequenz für |Zac| = |Zdc|:

ø Leiter
[mm]
Grenzfrequenz
0.1 1.75 MHz
0.3 194 kHz
0.5 70 kHz
0.8 27 kHz
1 17 kHz
2 4.4 kHz

 

Es sei hier nochmals betont, daß die eigentliche klangverändernde Wirkung des Skin-Effekts sicherlich nicht die reine Widerstandserhöhung ist. Dazu später.
So lange man keine Leistung zu übertragen hat, wo auch der ohmsche Gesamtwiderstand eine Rolle spielt, sind dünne Leiter kein wirkliches Problem.
Man könnte jetzt auf die Idee kommen, durch Parallelschaltung vieler verschiedener derart winziger isolierter (!!) Einzeladern (bei üblicher Litze sind die Einzeladern nicht voneinander isoliert) einen z.B. für das Ansteuern eines Lautsprechers genügend kleinen Kabelwiderstand ohne Skin-Effekt zu erzielen.
Hierzu aber sollte man wissen, daß der Energietransport in einem Leiter größtenteils (bei Supra-Leitung komplett) außerhalb des Leiters durch das Wechselspiel elektromagnetischer Felder stattfindet.
Der eigentliche Leiter dient hierbei nur als "Führungsschiene" für die Felder.

Ferner hängt die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieser Felder vom Medium ab, in dem die Felder sich ausbreiten. Je größer die Leitfähigkeit des Mediums ist, desto langsamer die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Felder.

Es gilt allgemein

v = c/√(µr × εr)

mit
v = Ausbreitungsgeschwindigkeit [m/s]
c = Lichtgeschwindigkeit = 3 × 10 8 m/s
µr = relative Permeabilität (bei nichtmagnetischen Stoffen = 1)
εr= Dielektrizitäts- oder Permittivitätszahl (Luft = 1)
√() = Quadratwurzel

In einem Nichtleiter (Vakuum) oder in einem schlechtem Leiter wie Luft oder Teflon ist die Geschwindigkeit der Felder am größten, während in einem guten Leiter die Ausbreitungsgeschwindigkeit mit der Leitfähigkeit extrem abnimmt.

Manchmal werden obige Begriffe auch mit der Driftgeschwindigkeit der Elektronen im Leiter verwechselt. Die ist jedoch extrem langsam und berechnet sich mit

vD = I /(q × n × A)

mit
vD = Elektronendriftgeschwindigkeit [m/s]
I = Stromstärke [A]
n = Zahl der Ladungsträger (Elektronen) pro Volumeneinheit (bei Cu 8,46×1028 m-3)
A = Fläche des Leiterquerschnitts [m²]
q = Ladung eines Elektrons (q = -e =1,60×10-19 As)

Beispiel:
Bei einer Stromstärke von 1 A und einem Leiterquerschnitt von z.B. 3.28 mm² beträgt vD = 0,874×10-5 m/s.

Je größer Leiterquerschnitt und Leitfähigkeit, desto langsamer die Driftgeschwindigkeit. Bei Wechselstrom kann man von einer Geschwindigkeit der Elektronen schon nicht mehr reden, da aufgrund des permanenten Richtungswechsels des elektrischen Feldes die Elektronen eigentlich mehr oszillieren. Aber zurück zum Thema.

In jedem elektrischem Leitungssystem wird die Energie durch das elektromagnetische Feld übertragen. Im quasistationären Fall wird der in einem Leiter fließende Strom i durch das im Leiter zum jeweiligem Zeitpunkt herrschende elektrische Feld E bestimmt. E und i besitzen die gleiche Richtung. Die Stärke von i stellt sich so ein, daß durch die Reibungsverluste des Leitungswiderstands die Wirkung der Feldstärke gerade kompensiert wird - beide halten sich die Waage (Ohmsches Gesetz).

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Abhängigkeit der Feldgeschwindigkeit von der Permeabilitätszahl. Normalerweise gehören Kupfer und Silber zu den sog. diamagnetischen Stoffen (µr = 0.999991), bei denen durch ein Einbringen dieser Stoffe in ein Magnetfeld dieses ganz leicht geschwächt wird.

Durchfließt aber diese Leiter längere Zeit (ein bis zwei Tage) ein quasistationäres Signal (diskreter Sinuston oder auch erstaunlicherweise Pink Noise), so tritt eine gewisse (allerdings nichtbeständige) leichte Formatierung im Leiter auf und die Permeabilität vergrößert sich in Richtung para- bzw. sogar ferromagnetisch. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Felder im Leiter sinkt.
Wie könnte man sich sowas vorstellen?
Es gibt eine Betrachtungsweise, nachdem man diesen Effekt aus dem Induktionsgesetz herleiten könnte. Beim Einbringen eines Atoms (und damit allgemein jeglicher Materie) in ein magnetisches Feld oder beim Einschalten des magnetischen Feldes treten elektrische Feldstärken auf, die auf die einzelnen Elektronen, je nach ihrem Umlaufsinn, bremsend oder beschleunigend wirken. Die damit verbundenen Änderungen der Umlaufzahlen führen zu Änderungen ihrer magnetischen Momente, natürlich jedoch immer in dem Sinn, als ob Zusatzmomente auftreten, die dem sie hervorufendem Feld entgegen wirken (Folge des Energieerhaltungssatzes, bzw. Lenzsche Regel).

Dies ist durchaus hörbar. Speziell nach dem längerem "Einbrennen" von Kabeln mit Pink Noise oder anderer quasistationärer Signale klingen diese "dumpf" und "langsam". Entweder läßt man die Kabel einfach einige Zeit liegen oder man "entmagnetisiert" diese mehrmals durch einen sehr langsam gewobbelten Sinuston mit Wobbelhub 20 Hz bis 20 kHz.

Aber zurück zum Skin-Effekt. In einem idealen Leiter (Supra-Leitung) werden die elektromagnetischen Felder (unabhängig von der Frequenz!!) vollständig vom Leiter selbst "reflektiert", die Eindringtiefe ist gleich Null.
Hier von "Reflektion" zu sprechen, kommt übrigens nicht von ungefähr. Die Nachbarschaft zur Optik liegt auf der Hand, da das Licht auch eine Form elektromagnetischer Strahlung darstellt.
(Nebenbei: Wie jeder weiß, benötigt das Licht u.a. aufgrund seiner hohen Frequenz keinen Leiter, hat Lichtgeschwindigkeit und kann im Vakuum erstaunliche Wege ungedämpft zurücklegen.)

So kann dann auch der Ausdruck

n² = µr × ε r

 

(Maxwellsche Beziehung) als (quadratischer) Brechungsexponent betrachtet werden. Hiermit wird das Maß der Reflexion bzw. Absorption aufgrund unterschiedlicher Materialien der beteiligten Grenzflächen gekennzeichnet.
In einem nicht ganz so perfektem Leiter (Cu, Ag) dringt ein gewisser Anteil des Feldes in den Leiter ein (je nach Material und Frequenz unterschiedlich tief), die Ausbreitungsgeschwindigkeit und die Stärke für diesen Teil der Energie verringert sich.

Das bedeutet, die Fortpflanzung der elektromagnetischen Energie findet z.B. im Audio-Bereich in unterschiedlichen Medien (Leiter und Dielektrikum) mit unterschiedlichen Eigenschaften statt.

Kurioserweise ist es gerade dieser Effekt, der moderne hochfrequente Übertragungstechnik erst möglich macht, da hier die Eindringtiefe, bedingt durch den Skineffekt, besonders niedrig ist.

Es ist also, von dieser Warte aus gesehen, prinzipiell schwieriger, NF-Signale verlustfrei zu übertragen als HF-Signale.

Natürlich marschieren keine "getrennten" Signale über die Leitung/Dielektrikum, von denen dann eines sehr viel später ankommt. Aufgrund der riesigen Wellenlängen (bei 100 Hz: 3×106m) dringt das Feld überall zugleich in den Leiter ein. Die verringerte Ausbreitungsgeschwindigkeit in Kupfer gilt für die Ausbreitung senkrecht zur Leiteroberfläche.
Man stelle sich vor, ein bestimmtes Signal (z.B. ein Impuls) würde abrupt beendet werden. Die sich im Dielektrikum ausbreitenden Felder brechen sofort zusammen, während die sich im Leiter ausbreitenden Feldanteile erst mit einer frequenzabhängigen Verzögerung reagieren würden. Der Leiter hat also eine Art Speicherwirkung, die zu einer im Zeitbereich verschmierten Signaldarstellung führt. Daraus resultieren die klanglichen Veränderungen.

Die Werte für die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Felder in Kupfer berechnen sich wie folgt:

vCu = √(4 × π × f/(µ × sCu)) = √(f / 5.8)

mit
vCu = Ausbreitungsgeschwindigkeit in Kupfer [m/s]
f = Frequenz [Hz]
π = Kreiszahl = 3.1415927
µ = Permeabilitätskonstante = 4 × π ×10 -7 Henry/m
sCu = Leitfähigkeit von Kupfer = 5.8 × 107 (Ω × m)-1
(für Silber ist sAg = 6.14 × 107 (Ω × m)-1 einzusetzen)
√() = Quadratwurzel

Nachfolgend ein paar Werte (Cu):

Frequenz [Hz]
Geschwindigkeit [m/s]
50 2.93
100 4.15
1000 13.12
10000 41.50
20000 58.69

 

Verglichen mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit in einem Isolator bewegen sich die Felder in Kupfer äußerst gemütlich.
Jede Kupferleitung ist also u.a. eine partielle frequenzabhängige Verzögerungsleitung für elektromagnetische Felder.

Bei einem idealem Leiter stehen die elektrischen und magnetischen Feldkomponenten genau 90° zu einander und zur Ausbreitungsrichtung versetzt über der Leiteroberfläche, während bei einem verlustbehafteten Leiter das elektrische Feld nicht mehr genau 90° zur Leiteroberfläche steht, sondern etwas versetzt, wodurch die Feldlinien nicht mehr den kürzesten Weg durch das Dielektrikum zum Leiter nehmen können und dadurch verzögert werden.

Den Teil des Feldes, der aufgrund nichtidealer Leitereigenschaften nicht am Leiter reflektiert wird, sondern in diesen eindringt, kann man als Verlustfeld bezeichnen. Die elektrische Feldkomponente dieses Verlustfeldes ist axial der Länge des Leiters orientiert, während sich die elektromagnetische Energie dieses Verlustfeldes in radialer Richtung, also beginnend an der Oberfläche des Leiters, ausbreitet. Dies ist die Ursache des Skin-Effekts. Diese Verlustkomponente ist übrigens ursächlich verantwortlich für den Strom, den wir in einem Leiter messen.

Das Verlustfeld im Leiter hängt also direkt von Leitfähigkeit und Permeabilität des Leiters und Frequenz des Signals ab und wird letztendlich in Wärme umgewandelt.

Bei vieladriger nichtisolierter Litze tritt durch die Vielzahl von mehr zufälligen Kupfer/Luft-Übergängen eine Störung und Veränderung der Feldkomponenten durch die vielen kleinen Änderungen der Leitfähigkeit auf. Vergleichbar ist dies übrigens mit der Veränderung der Leitfähigkeit durch Kristallgrenzen-Übergänge oder minimaler Durchmesservariationen beim Fertigungsprozeß des Leiters. Solche subtilen Veränderungen sind natürlich extrem schwierig zu messen, aber anscheinend hörbar.

Auch bei vieladriger isolierter Litze treten Probleme auf. Eine gleichmäßige und frequenzunabhängige Ausbreitung der Felder ist kaum möglich, da die Felder außerhalb der Leiter sich nicht sehr weit ausbreiten können, da sie gleich wieder auf das Metall des Nachbarleiters stoßen.

Aufgrund obiger Zusammenhänge ist dann auch leicht nachvollziehbar, warum z.B. bei Lautsprecherkabeln beide Stereo-Kanäle möglichst gleichlang sein sollten. Wenn es Beeinflussungen des Signals durch Kabeleigenschaften gibt, dann sollten sie zumindest für beide Kanäle gleichartig sein.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Hauptursache von möglichen Klangbeeinflussungen durch Kabel sogenannte "Timing"-Fehler sind - mathematisch und gehörmäßig.

Der Einwand, daß die in der Praxis resultierenden Laufzeitunterschiede wegen rechnerisch vernachlässigbarer Größe irrelevant seien, ist selbst irrelevant, da bei solchen kritischen (aber dennoch oberflächlichen) Betrachtungen meist nur von statischen oder sinusförmigen Signalen ausgegangen werden kann.
Ein Musiksignal jedoch ist dynamisch komplex und besteht aus unzähligen schnell veränderlichen Signalbestandteilen, deren Beeinflussung sich in der Gesamtheit durchaus in einer hörbaren Veränderung der komplexen Klangstruktur auswirken kann.

Zudem sollte man aber auch nicht bei aller Skepsis übersehen, daß Klangveränderung durch Leitungen nicht eine postulierte theoretische Wirkung, sondern ein in der Praxis seit Jahren weltweit beobachtetes Phänomen darstellt und daß obige Ausführungen nur den Versuch einer möglichen Erklärung darstellen (allerdings treten wir mit unserem TMR RAMSES auch den von jedem Interessierten nachvollziehbaren Beweis dafür in der Praxis an).

Welche Folgerungen lassen sich jetzt aus obigem für die Praxis schließen?

1. Die idealen Leiter für den Audio-Bereich sind nicht dicker als 0.3 mm, damit sich die elektromagnetische Energie möglichst außerhalb des Leiters ausbreiten kann.

2. Der Kabelaufbau sollte so beschaffen sein, daß sich über die gesamte Leiterlänge ein möglichst homogenes Feld zwischen Hin- und Rückleiter ausbilden kann.

3. Falls Leistung übertragen werden soll oder elektrische Bedämpfung des Lautsprechers nötig ist und daher ein niedriger Innenwiderstand wichtig wird, muß der Leiter entsprechend breiter werden. Das führt uns zu bandartigen Leitern.
Eine Kombination aus mehreren flachen Einzelleitern ist auch denkbar, wenn entsprechend Raum für das gemeinsame Dieelektrikum gelassen wird und sich die resultierenden Felder möglichst frei ausbreiten können.

4. Aus Gründen der Handhabung und zudem äußerst aufwendigen Herstellung wird man ein reines Kupferband als Leiter sicher nur selten im kommerziellem Angebot finden (obwohl auch sowas mit hervorragenden klanglichen Ergebnissen angeboten wird, wie z. B. unser TMR RAMSES), sondern mehr gewendelte Vielfach-Flachleiterkombinationen.

5. Als Dieelektrikum sollte möglichst Luft oder PTFE (Teflon) dienen, auf jeden Fall ein Material mit einer möglichst niedrigen Dielektrizitätszahl.

Material
Dielektrizitätszahl
Vakuum 1
Luft 1.00059
Papier 1.2 - 4
PTFE (Teflon) 2.1
Polystyrol, PE 2.0 - 2.5
Öl 2.2 - 2.4
Gummi 2.5 - 3
Silikone 2.8
PVC 3
Epoxid 3.2 - 3.9
Polyamid 3.5 - 4
Plexiglas 3 - 4
Glas 5 - 7
Alkohol 25
dest. Wasser 80
keramische Spezialmassen 4000

6. Die Leiter sollten kanalweise symmetrisch und möglichst gleichlang verlegt werden.

7. Alle Leiter sollten möglichst entfernt von allen anderen Stoffen verlegt werden, um eine gleichmäßige und ungestörte Feldausbreitung zu gewährleisten.

8. Der Leiter sollte möglichst rein und von der Leitfähigkeit betrachtet homogen beschaffen sein, die Oberfläche muß absolut oxidfrei sein (Kupferoxid ist ein Halbleiter).

9. Magnetische bzw. entsprechend leicht formatierbare Leiter sollten vermieden werden (möglichst niedrige Permeabilitätszahl).
Ebenso sollte die Nachbarschaft von nichtabgeschirmten Netzkabeln wegen der durch hohen Stromfluss bedingten Magnetfelder vermieden werden.


Material
Permeabilitätszahl
Mu-Metall 50000 - 250000
Diamantstahl 15000
Schmiedeeisen 5000
Gußeisen 600
Nickel 300
Stahl, hart 200
Platin 1.00036
Aluminium 1.000023
Luft 1.0000004
Kupfer 0.999991

Natürlich gibt es noch weitere Forderungen, die hier noch nicht erwähnt worden sind: niedrige LC-Werte und Unempfindlichkeit gegen mechanische Schwingungen (Mikrofonie).

Audio-Verbindungen werden daher immer nur ein Kompromiß sein können.

Begriffserklärungen:

(1) RCLD-Parameter: spezifische Widerstands-(R), Kapazitäts-(C), Induktivitäts-(L) und Dielektrizitätsverlust-(D)Beläge des Kabels.

Weiterführende Literatur u.a.:
Malcolm Hawksford: Electrical signal propagation and implications for audio cable performance
(CONCLUSION: However, this paper has suggested a plausible mechanism, not invoking any outlandish concept, by which differences between loudspeaker cables may on occasion become audible. The cure - low resistance and low inductance - is simple and relatively inexpensive to apply and it is to be hoped that more manufacturers will attempt to do so.)