Von der Beschäftigung mit Lautsprecherkabeln und NF-Verbindern am Beispiel einer Kombination von TMR

von H. Benver (im Oktober 2002)

Die gewählte Überschrift, so mag der geneigte Leser diesmal argwöhnen, klingt ebenfalls ein bißchen spinnert. Schon wieder falsch. Es ist auch nicht der unermüdliche Schöpfer der TMR-Produkte gemeint - auch wenn das nahe läge -, sondern der Verfasser, weil es für die vollständige Auslotung der Fähigkeiten der genannten Kombination die Ausdauer eines solchen braucht. Und außerdem wurde den Kabeln über die Monate ähnlich aufdringlich auf den Zahn gefühlt wie im gleichnamigen Film von John Schlesinger Dustin Hofmann in der berüchtigten "Bohrerszene" von Lawrence Ollivier als sadistischem Nazi-Zahnarzt.
Jetzt hat es sich im übrigen auch mit "der Verfasser denkt, hört und ist der Auffassung" etc, denn diese sprachlich erzwungene Form der Objektivität ist ohnehin Unfug, weil es nun mal um Emotionen geht und die dulden bei ihrer Beschreibung keine Distanz, auch keine sprachliche. Es ist ja nie zu spät, etwas einzusehen...

Zum Thema Setup, Stromversorgung und Zubehör bemühe der geneigte Leser bitte die Artikel zur TMR-Netzleiste an gleicher Stelle. Entscheidend geändert hat sich allerdings ein Detail, nämlich der Verstärker.
Es handelt sich zwar nach wie vor um den CMA 1 aus gleichem Hause, aber 1. ein neues Modell und 2. eine vollständig neue Innenverkabelung. Es finden im neuen Modell zwar auch andere Transistor-Typen für die Endverstärkung Verwendung, dies war aber mehr der Verfügbarkeit am Markt geschuldet als der Verbesserung von Layout oder Topologie.

Anders bei der signalführenden Innenverkabelung. Hier kommt - auf Wunsch und gegen Aufpreis - nun das gleiche Kleinsignalkabel zum Einsatz, wie es unter dem Namen "Ramses" auch als NF-Verbinder von TMR erhältlich ist.

Selbstverständlich sind hier prinzipbedingte Synergien zu erwarten und auch beabsichtigt. Unabhängig von der ergänzenden Verkabelung aus eigenem Hause hat der Vollverstärker, den zu preisen ich auch schon seit Jahren nicht müde werde, aber eine Entwicklungsreife erreicht, die ihn in meinen Augen in seinem Revier einzigartig macht, quasi zum alphamale unter den Verstärkerrüden.
Zu seiner enormen Wendigkeit und Antrittsschnelle, seiner kommunikativen Kompetenz in den Mittellagen, der bruchlosen Schlüssigkeit seines Vortrages kommt jetzt noch ein Maß an Auflösung und Durchhörbarkeit über das gesamte Frequenzspektrum, verbunden mit dynamischer Durchzugskraft, dass Anmutungen an die Championsleague unvermeidlich sind.
So könnte es klingen, dachte ich manchmal, wenn Jeff Roland, Nelson Pass und Keith Johnson die Kernkompetenzen ihrer jeweiligen Konzepte in einer gemeinsamen ultimate amplification component (uac: klingt doch gut, oder?) zusammenfassen würden.

In der Tat höre ich bei nicht zu ausufernden Besetzungen und Lautstärken die stoische Ruhe der Roland-Verstärker, die schillernde Farbenpracht und Musikalität der Pass-Modelle und auch die Zeitrichtigkeit, Neutralität und "physische Abwesenheit" der Spectrals. Immer eine völlig ausgewogene Kette mit herausragender Quelle sowie effiziente Lautsprecher vorausgesetzt. Natürlich bleibt der CMA 1 ein Vollverstärker, aber einer, der die Notwendigkeit eines "mehr wovon auch immer" schon sehr fraglich erscheinen läßt. Wirklich famos, die Flunder, aber gar nicht mein augenblickliches Thema.

Thema sind vielmehr besagte Kabel, die sich mittlerweile seit Monaten in meiner Kette befinden und nunmehr eine gewisse Verfestigung ihrer Performance feststellen lassen. Dieser Langmut ist bei TMR-Produkten auch unerläßlich, denn die Formatisierungseffekte sowohl der Strom- als auch Signalverbinder ziehen sich mitunter extrem.
Will man hier vorschnelle Beurteilungen vermeiden, die auch das ganze Spektrum der Möglichkeiten definitiv nicht erfassen werden, ist Geduld zwingende Voraussetzung des Gipfelsturms.
Zur Methodik sei vorausgeschickt, dass alle Hörsitzungen mit Uhrzeit, exakter Lautstärke, Verlauf, Titeln und definierten Beurteilungskriterien dokumentiert wurden, um die Nachvollziehbarkeit und Entwicklung innerhalb des dokumentierten Zeitraumes zu gewährleisten.
Die Kabel mußten während dieser Zeit auch gegen machtvolle Konkurrenz antreten, so z.B. das Signature 5.1 von XLO, das große Audioquest, Transparent Audio, Cardas oder Kimber Select (jeweils die Spitzenmodelle, alles LS).
Das NF-Kabel bekam es im wesentlichen mit dem Pendant zum Signature LS-Kabel von XLO, einem mit Reinsilbersteckern von Wire-World modifizierten Kimber Select (ebenfalls Reinsilber-Ausführung) sowie dem Signature (zufällige Namensgleichheit) von Symphonic Line zu tun.

Ich werde im Folgenden aber nicht all zu sehr auf die direkten Vergleichbarkeiten und Unterschiede abheben, weil ich im Lauf der Zeit feststellte, dass diese Gegenchecks nurmehr zur Positionsbestimmung in ansonsten unbekanntem Gelände dienten, gleichsam zur akustischen Sixtantenarbeit verkamen.
Ich wollte sicher sein, nicht in ein gehörmäßiges Paralleluniversum verrutscht zu sein und habe daher immer wieder alte Werte bemüht, ohne allerdings nach einiger Zeit noch bereit zu sein, zu ihnen zurückzukehren.

Das Lautsprecherkabel war anfangs unauffällig, etwas überschlank und im direkten Vergleich (ausnahmsweise...) mit dem erklärten Weltmeister der Mittellagen, dem Signature von XLO, auch recht zurückhaltend bei Stimmen und melodieführenden Instrumenten.
Das XLO ist in dieser Disziplin allerdings auch schlicht völlig einzigartig und es brauchte schon die Bereitschaft, mal wieder "neu" zu hören und von eingeübten Mechanismen der akustischen Wahrnehmung zwecks Erfassung des Ganzen abzurücken.
Das gelang zunehmend mit dem Ausbau der Frequenzenden des Ramses und seiner stetig steigenden Fähigkeit, tiefe Töne sauber zu übertragen. Dabei wurde es mit der Zeit in diesem Bereich immer mächtiger, blieb aber schlackenfrei.

Zum Beispiel "Lambchop". Sehr innovative Texaner, die ein ganzes Orchester plus Band brauchen um auf ihrer aktuellen Platte "is a woman" dem rudimentärsten Minimalismus seit Marc Hollis zu frönen.
Ein bißchen 'Tom Waits meets Testbild' (für die Jüngeren: Testbilder gab es mal in grauer Vorzeit bei den öffentlich-rechtlichen, wenn nachts nicht gesendet wurde).
Wenn diese Gruppe also ihre instrumentalen Brücken durch die Stille schlägt und Kurt Wagner dazu schräg-trauriges singt - oder haucht? - dann kommt es auf jedes Ein- und Ausschwingen, auf jedes Auftreffen des Filzhammers auf der Klavierseite und auf jedes Melodiefragment an, um die enorme Schönheit der Kompositionen vollständig zum Hörer zu transportieren.
Hier machte das Ramses erstmals richtig Eindruck: viel Luft um alle Beteiligten - es handelt sich um eine Direkteinspielung ohne Overdubs oder Trackings - Ordnung und Staffelung untadelig und die gelegentlichen wirklich tiefen Töne wirkten nicht wie störende Blähungen, sondern wie eine stimmige Grenzziehung, der Hinweis, dass es in diesem filigranen Gebäude doch noch Wände gibt.

Die Norweger von "Midnight Oil", die wohl so was wie geistige Verwandte der Texaner sind, aber aus einem ähnlichen Minimalismus mitunter pompöse Suiten entwickeln und immer wie kurz nach dem unfallbedingten Verlust sämtlicher Angehörigen klingen, gaben eine ähnliche Schönheit ihrer Melodien preis, weil sie so durchhörbar klangen und doch so geschlossen.

Auch Nick Lowe der auf seiner neuen Platte dem "Homewrecker" ein Denkmal setzt, lässt bei diesem Stück durch seine fabelhafte Stimme eine rotzige aber auch etwas resignierte, in jedem Fall aber wissende Abgeklärtheit spüren, die eben nur ein alter Crooner hat, der schon alles sah.

Das kann man alles hören? Ah, ja. Bei diesem einen Stück? Soso..
In der Tat, das kann man und das kann man auch bei Billy Bob Thornton, dem zukünftigen Ex von Angelina Jolie, der er bestimmt kein Stück auf seiner Scheibe "privat radio" gewidmet hätte, wenn er gewußt hätte, dass ihn das Miststück kurz darauf aus der kalifornischen Prachtvilla schmeißt, aber ich schweife ab.
In der Vergangenheit war Billy nach eigener Aussage (Schlachthof Hamburg im Juli) ja vor allem suizidgefährdet, aber dank Lara Croft hatte er sich mächtig berappelt und ein wunderbares Blue Grass-Country-Pop-Album abgeliefert, das so richtig groovt.
Und jetzt läßt ihn diese Zicke doch tatsächlich... aber nein. Der Titeltrack und das letzte Stück, zur Gitarre gesprochen(!), geben Einblick in ein ziemlich instabiles Seelenleben und die Beschreibung dieser Frau im letzten Stück - "she was build like a brick-shithouse", was in Arkansas wohl das ultimative Kompliment ans weibliche Geschlecht darstellt - verbunden mit der dort beschriebenen, sexuellen Konkurrenz zu seinem Vater lassen einen irgendwie Böses ahnen.
Das Entstehen eines grundlegenden Konflikts in der Gluthitze eines Nachmittags im Mittelwesten. Das läßt einen auch so schnell nicht wieder los und das trifft so intensiv, weil da alles präsent ist und nichts ablenkt. Und das hat eben wieder auch mit diesem Kabel zu tun, das die erforderliche Strukturierung und Energieverteilung zwischen Stimme und Gitarre liefert.

Das Ramses entwickelt sich in der Folgezeit weiter, baut zusätzliche Mosaiksteine ein, wird runder und dehnt sich weiter nach oben und unten (nur akustisch, keine Sorge).
Der nächste größere Schritt geschieht plötzlich und wird bei Peter Himmelmans Platte "flown this acid world" so richtig deutlich. Er baut im 12. Titel, der aber "untitled" heißt, eine unheimliche Spannung auf, indem er eine nächtliche Taxifahrt durch das verregnete New York beschreibt, bei der er - als Jude unerkannt - an einen beinharten Nazi gerät, der ihn in ein Gespräch über faschistische Allmachtsphantasien und die notwendige Ausrottung Andersdenkender verwickelt.
Die Melodie wird immer lauter, aggressiver und perkussiver. Himmelman denkt über seine Familie nach, eine Begegnung mit einem Überlebenden aus einem Konzentrationslager und die Frage, warum solch unbändiger Hass nie ausstirbt.
Wie die Musik das kongenial umsetzt ist einfach beeindruckend. Und besonders beeindruckt mich immer wieder, wie das Stück das erste Mal Fahrt aufnimmt, was dadurch geschieht, dass ab der zweiten Strophe eine knallhart geschlagene Snare die Melodie kontrapunktiert.
Dieser furztrockene, schnelle Oberbaß hat mir jedenfalls das Thema noch mal richtig ins Hirn gedroschen, obwohl ich das Stück in- und auswendig kenne.
Jetzt konnte ich das Ramses auch nicht mehr überschlank finden, sondern bestenfalls fettfrei. Was ja einen beträchtlichen Unterschied macht, wenn man mal Aly McBeal mit Jennifer Lopez vergleicht oder von mir aus auch Ernst Hannawald mit Evander Holyfield.

Verschiedene orchestrale Werke von Miles Davis in Arrangements von Gil Evans bis klassisches von Decca (rauf und runter) bestätigten den gewonnen Eindruck: unspektakulär im besten Sinne, unaufgedickt und unangestrengt, unverfälscht und ungeheuer richtig im Geiste der jeweiligen Musik.
Exemplarisch hier: Gregorio Allegri´s Miserere, gesungen vom King´s College Choir aus Cambridge unter David Willcocks.
Ein in strenger Traditionspflege geführter, seit über 550 Jahren existierender Chor singt eines der berühmtesten Stücke in der Geschichte der sakralen Musik. Von Allegri ursprünglich gänzlich ohne die beliebten hohen "Showtöne" C und E komponiert, erlangte sein 'Misere mei' dennoch über die Jahrhunderte hinweg bei Hörern und Interpreten eine ungeheuere Anziehungskraft.
Die vorliegende Einspielung des King´s Choir ist knapp 40 Jahre alt und ebenso mystisch wie kraftvoll. Für mein Thema ist diese Aufnahme auch deshalb besonders wertvoll, weil sie eine alte Fußballregel unterstreicht, nämlich: das Spiel wird in der Mitte gewonnen.
Das hat ja King Kahns Kampfkollektiv in Asien auch schön demonstriert und die Brasilianer hatten ohnehin nur ein paar bessere Einzelspieler, aber egal.
Jedenfalls entwickelt sich die Magie von Allegri´s Meisterwerk auf der Basis der Grundtöne der menschlichen Stimme, und wenn hier die feinsten Verästelungen der einzelnen Stimmen nachvollziehbar bleiben und dabei doch ein homogener Gesamtklang entsteht, der auch die sagenhafte Akustik des gewaltigen Gewölbes der King´s Chapel transportiert, wird aus diesem Knabenchor tatsächlich der Botschafter einer alten Spiritualität, welcher man sich unmöglich entziehen kann.
Alles, was diesen Grundtonbereich auch nur ansatzweise verfälscht, verhärtet oder aufdickt, ist Gift für das Gesamterlebnis.
Andererseits wäre eine auch nur leichte Ausdünnung der unteren Mitten ebenso fatal, weil dann der in diesen Lagen naturgemäß noch nicht sehr ausgeprägte - aber eben doch vorhandene - Ton des Knabenchors ins Ausgezehrte, sozusagen Rachitische abglitte, was dem zu übermittelnden Gehalt des Stückes äußerst abträglich wäre.
Das Ramses hält diese exquisite Balance und erweist sich erneut als unbestechlich, so kann sich die Wirkung dieser Klangdroge erst voll entfalten.
Das in der Probstei St. Gerold aufgenommene Officium hat eine vergleichbare Faszination. Alte, mündlich durch die Mönche von Kloster zu Kloster und über die Jahrhunderte weitergegebene Gesänge gregorianischen Ursprungs, interpretiert vom Hillard Ensemble und begleitet vom hier teilweise markerschütternden Saxophonklang Jan Garbarek´s.
Dieser Ton ist übrigens nicht etwa aufdringlich oder schneidend, sondern durch die Gewölbereflektionen verstärkt, mächtig und eindringlich und von klarer Schönheit. Auch hier werden die Dimensionen und feindynamischen Abstufungen gewahrt, der Klangkörper von Garbarek´s Instrument bekommt nicht plötzlich die Größe eines Sperrmüllcontainers, ein Fehler in der Abbildungsgröße, der vielen Komponenten, aber auch Kabeln unterläuft.
Im übrigen macht natürlich ein so hervorragendes Kabel wie das Signature von XLO derartige Fehler auch nicht und ist auch ansonsten in manchen Einzeldisziplinen gleichauf bis vorne, was auch für manch anderen der aufgezählten Mitbewerber gilt, aber die schlüssige Integration der vielen Parameter in einen fließenden, energetischen, von Lästigkeiten freien Gesamtklang ohne störende Betonungen oder vordergründige Gewichtungen gelingt dem Ramses tatsächlich am Besten.
Es wird in seiner völligen Effektlosigkeit keine Freude bei "Tunern" und Kompensationsexperten auslösen, die versuchen, das, was hinten links fehlt auszugleichen, indem sie vorne rechts überbetonen.
Dem "advanced listener" der über eine ausgewogene, reife Kette verfügt, wird es aber ein für alle Mal ersparen, Berichte wie diesen lesen zu müssen. Und das war nur das Lautsprecherkabel.

Das NF-Kabel kam erst geraume Zeit nach seinem Einbau in die Kette zum Einsatz, zu wichtig erschien mir die zunächst getrennte Bewertung und gehörmäßige Einordnung des Lautsprecherkabels aus gleichem Hause, um anschließend die jeweiligen Einflüsse spezifisch zuordnen zu können.
Der erste Eindruck war beinahe metaphysisch, so sehr kollidierte die Wahrnehmung mit der Erwartungshaltung. Bäh, Teufelszeug, ekliges.
Schnell wieder das Kimber her und alles wird gut. Wurde es aber nicht. Ich hatte Aron Neville und das Stück "Luisiana" gewählt, von der gleichen Scheibe noch Nevilles Version von Schuberts "Ave Maria".
Zunächst sehr ungewohnt, weil in seinem typischen Falsett gesungen, wunderbar begleitet von Neville Mariners Academy und insgesamt ein echtes Erlebnis. Dies auch klanglich wegen der plastischen Abbildung des Orchesters und der Durchhörbarkeit seiner Anordnung.
Das Ramses hob die Wiedergabe des Klangkörpers in seiner organischen Wahrnehmung auf eine mir bis dato völlig unbekannte Ebene.
Ich sage bewußt (noch) nicht Niveau, weil mir diese Art der Wiedergabe beim ersten Mal tatsächlich suspekt war. Die Verteilung der Schallquellen im Raum sowie die Ausdehnung des Klangraumes selbst ging so deutlich über das Vertraute hinaus, dass ich anfangs an das von Roger Waters erstmals auf "amused to death" eingesetzte Qsound-Verfahren zur Verbreiterung der Stereobasis erinnert wurde.
Es dauerte in der Tat eine Weile, bis ich mich diesem "Effekt" vorurteilsfrei nähern konnte, um dann festzustellen, dass es eben keiner war, sondern dass die physischen Grenzen der Schallausbreitung verschoben worden waren ohne die Akkuratesse der Abbildung oder den inneren Zusammenhalt und Fluss des Vortrages zu beeinträchtigen.
Der - überaus fähige - Toningenieur von ECM, Jan Eric Haugskong (?), hält übrigens Räumlichkeit bei Stereoaufnahmen für Voodoo und zeichnet daher seine legendären Aufnahmen von jeher mit einer Art Pingpong-Verfahren auf.
Hätte er allerdings vernommen, wie Nils Petr Melvoar auf "Kmer" (i.ü. eine ECM-Aufnahme) seine vielschichtigen Klangbilder zwischen Avantgarde, Trance und Jazz mit Samples und Loops und einem lyrischen Trompetenton a la Miles Davis anreichert und wie sich das alles im Raum ausbreitet, ihn füllt ohne zu zerfasern oder nach gedrehter Phase zu klingen, er wäre wohl ins Grübeln gekommen...

Wenn die Aufnahme dann nicht ganz so viel Raum mitlieferte, sei er angereichert oder natürlich, fiel auch die Konzentration auf die Kernkompetenzen des Ramses etwas leichter, die ich im Ergebnis für wichtiger halte, als die zugegebenermaßen spektakuläre Raumabbildung.

Deshalb von der eben beschriebenen Reinkarnation (so zumindest manche Jazz-Auguren) zurück zum Original: Miles Davis im März 1959 mit einigen der erlesensten Solisten der Jazzgeschichte im zeitlosen, hypnotischen Dialog auf einem damals neuen Terrain, dem modalen Jazz.
Viele halten "Kind of Blue" für die größte Jazz-Scheibe aller Zeiten und wenn man sie im neuen Hochbit-Remastering von Columbia hört, kann man das auch nachvollziehen.
Erst recht, wenn das Ramses die Kleinsignale weitergab.
Nicht, dass eine andere Spitzenstrippe nicht ebenfalls die innere Spannung transportierte, die dem damaligen Aufbruch zu neuen Ufern innewohnte.
Auch die Intimität des Ensemblespiels und das traumwandlerische Verständnis zwischen Adderley, Coltrane und Davis werden durchaus vermittelt.
Der Unterschied zum Ramses lässt sich vielleicht am ehesten in einem Vergleich fassen.
Es ist so, als würde man jemandem der fragt, was jonglieren sei, mit Eloquenz und versierter Rhetorik genau erklären, wie das funktioniert. Und dann kommt da noch jemand, nimmt 3 Bälle und macht es vor. In beiden Fällen wird der Fragende eine Antwort erhalten, die alle notwendigen Informationen liefert. Aber bei der zweiten Variante entfällt die Eigenleistung der vorstellungsbedingten Verknüpfung. Man sieht, statt zu vermuten.
Und so klingt das Ramses auch stets eine wenig mehr wie etwas als nach etwas.
Daher wirken auch gerade die rhythmischen Pausen zwischen den Einsätzen bei Davis und Kollegen zwingender und offenbaren noch mehr vom Zusammenhang zwischen Vorhandensein und Abwesenheit von Tönen zur Entstehung von Spannungsbögen.

Im Einzelnen: erdig und mit Volumen, aber nie dick, das Ramses kann im Bass schwingen, ohne träge daher zu krauchen, aber auch vermeintlichen Infraschall durchlassen, der die konstruktionsbedingte Begrenzung des Horns im Bassbereich als goldenen Mittelweg zwischen gemeinem Groove und fettfreiem Fundament erscheinen lässt.
Die Details der Tonhöhen werden auch dort noch differenziert, wo sich andere Produkte unter dem Deckmantel einer nicht überanalytischen Abstimmung gerne verpieseln und die Feinheiten am Frequenzende verschmieren, verlaufen lassen oder schlicht verschweigen.
Es transportiert Emotionen ohne Ende, aber nicht wie ein Angesoffener auf dem Kiez, der um 4 Uhr morgens den Wodka-bedingten Weltschmerz rauslässt, sondern wie jemand, der einfach den richtigen Ton und die richtigen Worte trifft.
Ich habe es in den letzten Monaten tatsächlich oft so empfunden und sattsam Bekanntem neue Schattierungen eben nicht abgerungen, sondern entlockt.
Immer wieder entsteht die Anmutung von Richtigkeit, so muß es eben sein.
Wenn sich aus den vielen highendigen Parametern unterm Strich ein solches Gesamtbild zusammensetzt und dabei weder Spielfreude noch Musikalität oder tonale Geschlossenheit der Musik auf der Strecke bleiben, sondern sich vielmehr als einzig wirklich bleibender Eindruck verfestigen, dann kann man sicher sein, ein wirklich hervorragendes Produkt zu hören.

Neben vielen anderen musikalisch nachhaltigen Erlebnissen, von Donald Fagans "Nightfly" über Terry Calliers "Timepiece" bis zu Salomon Burkes neuem Meisterwerk "Don´t give up on me" oder dem großartige John Kay (Ex-Steppenwolf) mit diesem Hammerstück "Heretics and Privateers" haben mich dann drei Damen noch mal so richtig begeistert.
Alle gehören dem mehr oder weniger gleichen musikalischen Lager an, dem sog. "New Country", also der musikalischen Wachablösung, die sich in den letzten 20 Jahren aus der Erneuerung des oft statisch in Klischees verharrenden Country & Western entwickelte.
Aus der Erweiterung der ursprünglich traditionell bis reaktionär gefärbten Themenpalette um politische und sozialkritische Motive ergab sich auch eine Bereicherung der musikalischen Sprache.
Die Singer/Songwriter-Einflüsse wurden stärker, die Arrangements komplexer und farbiger, und die Einflüsse anderer "Volksmusiken" (man denke an das fantastische, kubanisch geprägte "Havanna Midnight" von Bob Neuwirth) im New Country bis hin zum Jazz waren willkommen.
Die drei Protagonistinnen dieser Bewegung, die ich hier meine, heißen Lucinda Williams, Alison Krauss und Beth Nielsen Chapman.
Alle drei schreiben großartige Stücke, haben ihre Stärke bei kehlezuschnürenden Balladen, können heftig rocken, wenn es sein muß und haben ihre Wurzeln dennoch unverkennbar in Nashville. Auch altersmäßig und stimmlich liegen sie nicht allzu weit auseinander und so könnte man auf die Idee kommen zu fragen, was die Damen denn so unterscheidet, dass man sie alle drei mit ihren jeweils letzten Werken im Schrank haben sollte.

Und genau da kommt es wieder ins Spiel, dieses mehr wie als nach etwas klingen: wenn man bei der digitalen Darstellung eines Bildes Auflösung und Farbelemente erhöht, wird alles schärfer und die Details treten deutlicher hervor.
Das kann die Gesamtwirkung des Bildes verändern und eben nicht nur die Wahrnehmung von Einzelheiten. Beth Nielsen Chapman ist der Ehemann im letzten Jahr gestorben und sie selbst hat Krebs. Die Musik hilft ihr, zu überleben ohne zu resignieren, und der Intensität ihres Vortrages hört man das auf "Deeper Still" jetzt noch eine Spur deutlicher an als sonst. Alison Krauss geht's wohl rundum gut, die Fröhlichkeit überwiegt im eingespielten Material und Union Station (quasi die E-Street Band von Nashville) rocks the house. Es sind einfach ganz andere Gefühle, die auf "New Favorite" Motor der Betätigung sind und dies ist auch bei den grundsätzlich ebenfalls supersenti-mentalen Balladen klar zu unterscheiden.

Lucinda Williams scheint auf "Essence" die beinahe volle Spannbreite des Darstellbaren musikalisch abzuschreiten, ohne dabei einen Substanzverlust zu erleiden. Wenn sie im Titelstück das Warten der Fixerin auf den nächsten Schuß beschreibt oder in "Reason to cry" die Endgültigkeit einer vergangenen Liebe betrauert ist das dermaßen unaufgesetzt, dass es mitunter ein bisschen schmerzt.
Und so ist die Conclusio, dass die Durchverkabelung mit Ramses mehr von dem im musikalischen Gehalt stets mitschwingenden Gefühl offen legt. Die irgendwo zwischen Klangfarbe und Raumabbildung, Grundtonbereich und Mikrodynamik versteckte Emotionalität eines Liedes, die viel mehr ist als das Ergebnis einer Addition von Hifi-Parametern, die zeigt mir diese Kombi heller und klarer, wenn sie denn auf der Aufnahme eingefangen wurde.
Lebendigkeit ohne Eigenleben, Neutralität ohne Enthaltsamkeit und Vielfalt ohne Durcheinander.
Mehr kann man nicht verlangen.
Bei Kabeln ist es ja so: was sie nicht durchlassen kommt, nirgendwo weg und nirgendwo an, und was sie verschweigen, ist für immer verloren.
Darum muß man ihnen viel Beachtung schenken und sie als Komponente inter pares betrachten, nutzt ja nix.
Wer das anders handhabt, kann seine Rieseninvestitionen und den Rest des Setups in die Tonne treten.
Und wer das Ohr und das Glück hatte, eine feine, ausgewogene und weitgehend fehlerfrei aufspielende Kette zusammenzustellen, der kann unter Einsatz dieser Kabel, die so viel lebendiger aber so viel weniger martialisch klingen als ihr Name vermuten lässt, zu einem Ergebnis kommen, das Staunen macht.
Ein gutes Kabel ist nicht alles, aber ohne ein gutes Kabel ist Alles nichts.
Das hier ist in der Kombination (!) tatsächlich das Beste, was ich je gehört habe.